Shintoku Kyodo Gakusha...
Shintoku ist eine Kleinstadt, ich würde
schon fast soweit gehen es als ein großes Dorf zu bezeichnen...
Jedenfalls macht die Shintoku Kyodo Gakusha und ihre Ländereien
einen Großteil dieses Ortes aus. Genau dort, auf der nördlichen
japanischen Insel Hokkaido, arbeite und lebe ich nun für eine bisher
noch nicht bekannte Zeit. Voraussichtlich werde ich irgendwann Anfang
April nach Tokio zurück kehren.
Die Shintoku Kydo Gakusha ist eine
biologisch, integrative Farm und obwohl ich gehofft hatte nach 3
Jahren Waldorfkindergarten und 13 Jahren Waldorfschule mal etwas
anderes zu erleben habe ich natürlich wieder etwas mit stark
anthroposophischem Einfluss erwischt.
Neben der kleinen Stadt Shintoku gibt
es hier noch etwas: Natur!!! Berge und Wälder, Wiesen und Felder km
weit. Dazu eine unglaubliche Ruhe und ein umwerfend schöner
Nachthimmel.
...ihre Menschen...
Die Menschen die hier leben könnten
unterschiedlicher kaum sein. Neben den Menschen die Aufgrund einer
psychischen Beeinflussung nicht in die Gesellschaft passen, finden
sich hier viele die irgendwie anders sind, die schon viel gesehen
haben, die nicht so leben wollen wie die Gesellschaft es ihnen
vorschreibt, die vielleicht auch noch nicht wissen was sie wollen,
die lernen möchten... Manche leben schon seit 20 Jahren hier, andere
seit 4, und einige erst seit ein paar Monaten. Neben mir sind auch
noch zwei weitere Volunteers hier. Der eine ebenfalls aus Deutschland
und ein Mädchen aus Amerika. Beide bleiben allerdings nicht so
lange...
Unterkunft der Menschen hier sind
verschiedene Gemeinschaftswohnhäuser, nahegelegene Einfamilienhäuser
im seltensten Falle aber auch jedes zimmerartige Gebäude auf dem
Gelände ist bewohnt. Jedes Haus hat ein Gemeinschaftsbad und eine
Küche auch wenn normalerweise dreimal täglich gemeinsam im Speise-
„Haus, Raum, Saal“ (triffts alles nicht so genau) gegessen wird.
...ihre Arbeit...
Die Arbeit ist gleichzeitig der
Lebensinhalt der Menschen (das ist aber glaube ich bei vielen
Japanern der Fall). 6 Tage die Woche wird hier von morgens bis abends
geschuftet. Kühe, Pferde, Schafe und Schweine werden versorgt,
Gemüse wird angebaut, gepflegt, geerntet, geputzt, sortiert, es wird
Käse hergestellt und das alles ohne Hilfe von Maschinen, biologisch
dynamisch, anthroposophisch eben. Außerdem gibt es die sehr gefragte
Mischung aus Café und Shop, wo neben anderen Dingen hauptsächlich
Käse gegessen und gekauft wird.
...und ich.
Innerhalb von zwei Wochen habe ich
gelernt was harte Arbeit bedeutet. Neben ein paar Tagen, an denen ich
im Café geholfen habe, was putzen, spülen, kochen, backen und
Service bedeutet, galt meine Unterstützung bisher hauptsächlich dem
„yasai“- also Gemüse Team. Morgens um 5 Uhr geht es los, bis 7.
Um halb 8 gibt es Frühstück und um 9 Uhr sind schon wieder alle zur
Arbeit versammelt. Nach dem Mittagessen um 12 ist ca. eine Stunde
Pause, um 14 Uhr geht es weiter. 17 Uhr heißt Kaffeepause, bevor
der Endspurt, vor dem Abendessen um 19 Uhr, beginnt. Da nach dem
Essen nochmal jeder sagt was er den Tag über gemacht hat und im
Anschluss gemeinschaftlich ein christliches (ja diese Farm ist
christlich) Lied angestimmt wird, habe ich meist gegen 20.30 frei,
das heißt, wenn ich nicht allzu sehr trödele noch gute 7 Stunden
Schlaf.
Die Arbeit die wir den Tag über
verrichten....jaa also, da es hier keine Maschinen gibt z.B „Soba“
also Buchweizen dreschen, Kartoffeln ausgraben, putzen und sortieren,
Unkraut zupfen, Knoblauch pflanzen und gestern ging es soweit, das
wir Kuhhornpräperate, erst eine Stunde unter Kraftaufwand mit Wasser
verrührt und anschließend 5 Stunden über gefühlte Millionen
Hektar Land, Bergauf, Bergab mit schweren Sprühlaschen verteilt
haben. Es war stockdunkel und das Auto, mit dem wir die Strecken
zwischen den Feldern und Weiden zurück legten, war zweimal im
Schlamm stecken geblieben als wir die Arbeit endlich einstellten. Ich
will mich nicht beklagen... ich habe noch nie etwas so merkwürdiges
und komisches gemacht und seeehr viel gelacht. Außerdem wurde ich
als Mädchen (eindeutig in der Unterzahl hier auf der Farm) mit
meinen Aufgaben geschont...
Nicht nur an die Arbeit musste bzw.
muss ich mich gewöhnen... auch der Begriff Sauberkeit hat hier eine
völlig andere Bedeutung, Internet kann ich nur an einem Bestimmten
Ort in einem der anderen Häuser benutzen, was des nachts immer einen
kleinen Fußmarsch durch völlige Dunkelheit bedeutet. Da die
Schlafenszeit hier ohnehin knapp bemessen ist hab ich es aufgegeben
in der Woche hier her zu kommen... Generell kommt mir aus meiner
derzeitigen Perspektive mein Leben in Deutschland äußerst luxuriös
vor...
Trotzdem habe ich hier in den letzten
Wochen tolle und interessante Dinge erlebt an die in Deutschland
nicht zu denken gewesen wäre.
Was den Alltag betrifft befinde ich
mich einfach in Japan. Das heißt: Straßenschuhe aus und Hausschuhe
an bevor man einen Raum betritt. Hausschuhe aus bevor man die
Tatamimatten betritt. Toilettenschuhe an bevor man die Toilette
betritt und wieder aus wenn man sie verlässt. Schlafen auf einem
Futon. Handtücher sind für alles geeignet (Decke, Kissenbezug,
Schal, Mütze, Badetuch, Trockentuch...). „Aligato gosaimasu“
(Dankeschön), „onegaishimasu“ (Bitte...!) und „gomenasai“
(Entschuldigung) besser zu viel als zu wenig. Die Basis jeder
Mahlzeit ist Reis und Misosuppe, obwohl es hier zum Frühstück
dankenswerterweise auch Brot, Milch und Käse gibt. Dazu ist noch zu
sagen: Alles ist hier vom Hof also Eigenanbau!
Hinzu kommt natürlich: alles auf
Japanisch! Diese einfache Tatsache hat mich in den letzten Wochen
schon einige Nerven gekostet. Neben dem Problem das gewollte
Gespräche manchmal unmöglich sind gibt es da noch die
Missverständnisse. Beispielsweise musste ich wegen der Verwechslung
von „butta“ (Schwein) und „batta“ (Butter) auf einmal die
Schweine füttern wovor ich mich doch eigentlich, nach meiner
Erfahrung auf dem Bauckhof, hatte drücken wollen...
Aktueller Stand
Heute ist Sonntag... d.h „Oyasumi“
(Urlaub) und da ein Bär in der Nähe der Farm gesichtet wurde ist
Lukas und mein eigentlicher Plan Bergsteigen zu gehen ins Wasser
gefallen.
Es bleibt jedenfalls spannend...
Liebe Bärenhöhlefreundin,
AntwortenLöschenes hört sich mega interessant an, was du erlebst! Hm um deinen harten Arbeitstag beneide ich dich nicht, ich hab es hier ziemlich viel mehr entspannter. Andererseits finde ich, es ist ein tolles Gefühl, nach so viel körperlicher Arbeit an frischer Luft ins "Bett" zu fallen... mich würde noch mehr interessieren, was es bedeuet, dass auf dieser Farm Menschen leben, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in der Gesellschaft leben wollen, so wie sie da ist? Übrigens finde ich deine Einteilung mit diesen Zwischenüberschriften klasse, das liest sich gut... ach, es ist so spannend, was wir alle für unterschiedliche Erfahrungen machen... :) bis zum nächsten Mal , mexikanische Grüße Dorina
Liebe Mia
AntwortenLöschenich werde von Mai an auch für drei Monate in dein Projekt nach Japan gehen:-) kann ich dich über Facebook oder email irgendwie erreichen um dir ein paar Fragen zu stellen?
Liebe Grüße
Rebekka
Liebe Rebekka,
Löschennach Hokkaido? Ja natürlich. Heißt du bei Facebook Rebekka?
Liebste Grüße
Mia
Hey :-)
AntwortenLöschenJa genau :-) mein Name bei Facebook ist Rebekka Görge:-)