Nihongodedoso! (Japanisch Bitte!), ist wörtlich übersetzt wohl eher eine Einladung an mich selbst, die ich mir ein Jahr zu Herzen nehmen möchte... gleichzeitig lade ich aber auch euch ein meinen Blog zu lesen und mit mir ein Jahr in Japan zu erleben!
Vorkenntnisse der japanischen Sprache oder Kultur sind nicht notwendig....ich hoffe vielmehr auf Erkenntnisse!

Sonntag, 14. Oktober 2012

Erste Eindrücke

Shintoku Kyodo Gakusha...

Shintoku ist eine Kleinstadt, ich würde schon fast soweit gehen es als ein großes Dorf zu bezeichnen... Jedenfalls macht die Shintoku Kyodo Gakusha und ihre Ländereien einen Großteil dieses Ortes aus. Genau dort, auf der nördlichen japanischen Insel Hokkaido, arbeite und lebe ich nun für eine bisher noch nicht bekannte Zeit. Voraussichtlich werde ich irgendwann Anfang April nach Tokio zurück kehren.
Die Shintoku Kydo Gakusha ist eine biologisch, integrative Farm und obwohl ich gehofft hatte nach 3 Jahren Waldorfkindergarten und 13 Jahren Waldorfschule mal etwas anderes zu erleben habe ich natürlich wieder etwas mit stark anthroposophischem Einfluss erwischt.
Neben der kleinen Stadt Shintoku gibt es hier noch etwas: Natur!!! Berge und Wälder, Wiesen und Felder km weit. Dazu eine unglaubliche Ruhe und ein umwerfend schöner Nachthimmel.

 ...ihre Menschen...

Die Menschen die hier leben könnten unterschiedlicher kaum sein. Neben den Menschen die Aufgrund einer psychischen Beeinflussung nicht in die Gesellschaft passen, finden sich hier viele die irgendwie anders sind, die schon viel gesehen haben, die nicht so leben wollen wie die Gesellschaft es ihnen vorschreibt, die vielleicht auch noch nicht wissen was sie wollen, die lernen möchten... Manche leben schon seit 20 Jahren hier, andere seit 4, und einige erst seit ein paar Monaten. Neben mir sind auch noch zwei weitere Volunteers hier. Der eine ebenfalls aus Deutschland und ein Mädchen aus Amerika. Beide bleiben allerdings nicht so lange...
Unterkunft der Menschen hier sind verschiedene Gemeinschaftswohnhäuser, nahegelegene Einfamilienhäuser im seltensten Falle aber auch jedes zimmerartige Gebäude auf dem Gelände ist bewohnt. Jedes Haus hat ein Gemeinschaftsbad und eine Küche auch wenn normalerweise dreimal täglich gemeinsam im Speise- „Haus, Raum, Saal“ (triffts alles nicht so genau) gegessen wird.

...ihre Arbeit...

Die Arbeit ist gleichzeitig der Lebensinhalt der Menschen (das ist aber glaube ich bei vielen Japanern der Fall). 6 Tage die Woche wird hier von morgens bis abends geschuftet. Kühe, Pferde, Schafe und Schweine werden versorgt, Gemüse wird angebaut, gepflegt, geerntet, geputzt, sortiert, es wird Käse hergestellt und das alles ohne Hilfe von Maschinen, biologisch dynamisch, anthroposophisch eben. Außerdem gibt es die sehr gefragte Mischung aus Café und Shop, wo neben anderen Dingen hauptsächlich Käse gegessen und gekauft wird.

...und ich.

Innerhalb von zwei Wochen habe ich gelernt was harte Arbeit bedeutet. Neben ein paar Tagen, an denen ich im Café geholfen habe, was putzen, spülen, kochen, backen und Service bedeutet, galt meine Unterstützung bisher hauptsächlich dem „yasai“- also Gemüse Team. Morgens um 5 Uhr geht es los, bis 7. Um halb 8 gibt es Frühstück und um 9 Uhr sind schon wieder alle zur Arbeit versammelt. Nach dem Mittagessen um 12 ist ca. eine Stunde Pause, um 14 Uhr geht es weiter. 17 Uhr heißt Kaffeepause, bevor der Endspurt, vor dem Abendessen um 19 Uhr, beginnt. Da nach dem Essen nochmal jeder sagt was er den Tag über gemacht hat und im Anschluss gemeinschaftlich ein christliches (ja diese Farm ist christlich) Lied angestimmt wird, habe ich meist gegen 20.30 frei, das heißt, wenn ich nicht allzu sehr trödele noch gute 7 Stunden Schlaf.
Die Arbeit die wir den Tag über verrichten....jaa also, da es hier keine Maschinen gibt z.B „Soba“ also Buchweizen dreschen, Kartoffeln ausgraben, putzen und sortieren, Unkraut zupfen, Knoblauch pflanzen und gestern ging es soweit, das wir Kuhhornpräperate, erst eine Stunde unter Kraftaufwand mit Wasser verrührt und anschließend 5 Stunden über gefühlte Millionen Hektar Land, Bergauf, Bergab mit schweren Sprühlaschen verteilt haben. Es war stockdunkel und das Auto, mit dem wir die Strecken zwischen den Feldern und Weiden zurück legten, war zweimal im Schlamm stecken geblieben als wir die Arbeit endlich einstellten. Ich will mich nicht beklagen... ich habe noch nie etwas so merkwürdiges und komisches gemacht und seeehr viel gelacht. Außerdem wurde ich als Mädchen (eindeutig in der Unterzahl hier auf der Farm) mit meinen Aufgaben geschont...
Nicht nur an die Arbeit musste bzw. muss ich mich gewöhnen... auch der Begriff Sauberkeit hat hier eine völlig andere Bedeutung, Internet kann ich nur an einem Bestimmten Ort in einem der anderen Häuser benutzen, was des nachts immer einen kleinen Fußmarsch durch völlige Dunkelheit bedeutet. Da die Schlafenszeit hier ohnehin knapp bemessen ist hab ich es aufgegeben in der Woche hier her zu kommen... Generell kommt mir aus meiner derzeitigen Perspektive mein Leben in Deutschland äußerst luxuriös vor...
Trotzdem habe ich hier in den letzten Wochen tolle und interessante Dinge erlebt an die in Deutschland nicht zu denken gewesen wäre.
Was den Alltag betrifft befinde ich mich einfach in Japan. Das heißt: Straßenschuhe aus und Hausschuhe an bevor man einen Raum betritt. Hausschuhe aus bevor man die Tatamimatten betritt. Toilettenschuhe an bevor man die Toilette betritt und wieder aus wenn man sie verlässt. Schlafen auf einem Futon. Handtücher sind für alles geeignet (Decke, Kissenbezug, Schal, Mütze, Badetuch, Trockentuch...). „Aligato gosaimasu“ (Dankeschön), „onegaishimasu“ (Bitte...!) und „gomenasai“ (Entschuldigung) besser zu viel als zu wenig. Die Basis jeder Mahlzeit ist Reis und Misosuppe, obwohl es hier zum Frühstück dankenswerterweise auch Brot, Milch und Käse gibt. Dazu ist noch zu sagen: Alles ist hier vom Hof also Eigenanbau!
Hinzu kommt natürlich: alles auf Japanisch! Diese einfache Tatsache hat mich in den letzten Wochen schon einige Nerven gekostet. Neben dem Problem das gewollte Gespräche manchmal unmöglich sind gibt es da noch die Missverständnisse. Beispielsweise musste ich wegen der Verwechslung von „butta“ (Schwein) und „batta“ (Butter) auf einmal die Schweine füttern wovor ich mich doch eigentlich, nach meiner Erfahrung auf dem Bauckhof, hatte drücken wollen...

Aktueller Stand 
 
Heute ist Sonntag... d.h „Oyasumi“ (Urlaub) und da ein Bär in der Nähe der Farm gesichtet wurde ist Lukas und mein eigentlicher Plan Bergsteigen zu gehen ins Wasser gefallen.

Es bleibt jedenfalls spannend...



4 Kommentare:

  1. Liebe Bärenhöhlefreundin,
    es hört sich mega interessant an, was du erlebst! Hm um deinen harten Arbeitstag beneide ich dich nicht, ich hab es hier ziemlich viel mehr entspannter. Andererseits finde ich, es ist ein tolles Gefühl, nach so viel körperlicher Arbeit an frischer Luft ins "Bett" zu fallen... mich würde noch mehr interessieren, was es bedeuet, dass auf dieser Farm Menschen leben, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in der Gesellschaft leben wollen, so wie sie da ist? Übrigens finde ich deine Einteilung mit diesen Zwischenüberschriften klasse, das liest sich gut... ach, es ist so spannend, was wir alle für unterschiedliche Erfahrungen machen... :) bis zum nächsten Mal , mexikanische Grüße Dorina

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  2. Liebe Mia
    ich werde von Mai an auch für drei Monate in dein Projekt nach Japan gehen:-) kann ich dich über Facebook oder email irgendwie erreichen um dir ein paar Fragen zu stellen?
    Liebe Grüße
    Rebekka

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    1. Liebe Rebekka,
      nach Hokkaido? Ja natürlich. Heißt du bei Facebook Rebekka?
      Liebste Grüße
      Mia

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  3. Hey :-)
    Ja genau :-) mein Name bei Facebook ist Rebekka Görge:-)

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