Nihongodedoso! (Japanisch Bitte!), ist wörtlich übersetzt wohl eher eine Einladung an mich selbst, die ich mir ein Jahr zu Herzen nehmen möchte... gleichzeitig lade ich aber auch euch ein meinen Blog zu lesen und mit mir ein Jahr in Japan zu erleben!
Vorkenntnisse der japanischen Sprache oder Kultur sind nicht notwendig....ich hoffe vielmehr auf Erkenntnisse!

Samstag, 9. Februar 2013

-29°C und es wird noch kälter... Der Winter in Shintoku

Einblick: Weihnachten

Mochi-japanischer Reiskuchen


 ("inside" Temperatur)

 
-29°C- Wir halten uns warm...!

Reiseanlass Nr.1, Gesprächsthema Nr.1... was wären Japaner ohne ihr Essen?

Arbeitszeit und Unfug (hier wird der Stereotyp "Japaner" nachgestellt)...

Ausgezogen!

Neiraku Kyodogakusha- Ein Traum...

...Miri wird 20...

...und Arbeit.








Sonntag, 3. Februar 2013

-29°C und es wird noch kälter... Der Winter in Shintoku

Ehrlich gesagt war ich ziemlich besorgt als der Dezember auf sein Ende zuging und Weihnachten immer näher rückte. Nicht nur, dass mir bis dahin andere Freiwillige immer wieder erzählt hatten, die Weihnachtszeit sei die härteste und ich müsse mit Heimweh rechnen, nein, es kam auch hinzu das Japan ja eigentlich ein vom Shintoismus geprägtes Land ist. „Ku-li-su-me-su“ existiert zwar, ist allerdings alles in allem eher eine kommerzielle Angelegenheit (obwohl mich das nach 19 Jahren jährlichem, deutschen Weihnachtswahn ja eigentlich kalt lassen sollte). Jedenfalls, in Japan gehört Neujahr der Familie. Alle haben frei und verbringen gemeinsam eine ruhige Zeit. Weihnachten dagegen wird in der Regel mit dem Partner verbracht. Man geht z.B essen und beschenkt sich. Tja, traurig für alle Singles! Und was erst recht frustriert: Man kann sich noch nicht einmal so richtig betrinken weil Weihnachten quasi „verarbeitet“ bzw. gearbeitet wird!
Gut das ich auf der christlichen Kyodo Gakusha lebe, auf der alle, auch Singles, an den weihnachtlichen Ereignissen teil haben durften!


Weihnachten

Der 24.12 brach an wie jeder andere Tag auch (mit Bohnensortieren um 6 Uhr Morgens). Naja, nicht ganz. Schon beim Frühstück wurde eine Rede des Oberhauptes der Kyodo Gakusha und ein anschließendes Kaffee trinken um zwei Uhr Nachmittags angekündigt. Das ganze sollte ca. eine Stunde dauern und hier habe ich spätestens zum ersten Mal an diesem so heiligen Tag gelacht.

Mittlerweile war ich lange genug in Shintoku um zu wissen, dass unserer guter Chef sich selber gerne reden hört. Jeder Sonntagabend, jede von den vielen Partys der letzten Zeit hatten mir das deutlicher gemacht. Nachdem er mir an Sams letztem Abend auf der Kyodo Gakusha, in einem Englisch dessen Worte ich nur erahnen konnte, durchgehend Schauergeschichten erzählt hatte, hatte ich mir angewöhnt immer mindestens zwei Personen zwischen uns zu bringen.
Mir war jedenfalls klar, dass wenn niemand beauftragt werden würde dem Einhalt zu gebieten, diese Rede endlos, endlos, endlos und unglaublich langweilig für mich werden würde.

Den Vormittag verbrachte ich damit Weihnachtskekse für die „Ku-li-su-ma-su Pa-ti“ am nächsten Abend zu backen und abzuwägen ob ich, wenn ich ab zwei Uhr an der sicherlich Nerven strapazierenden Veranstaltung teilnehmen würde, noch genug Besinnung haben würde um am Abend mit Leuten der Kyodo Gakusha in die Kirche zu gehen. Da sich jedoch alle im Speisesaal einfinden wollten um der Rede des Meisters zu lauschen, konnte ich sowieso nicht weiter backen und außerdem dachte ich mir „Wenn schon Weihnachten hier, dann auch die volle Dröhnung!“.

Wie vorhergesehen waren wir um kurz vor fünf noch immer zu Gange. Ich schien allerdings nicht die einzige zu sein die sich langweilte... Während das mir größtenteils unverständliche Gequatsche in ein Ohr rein, ins andere wieder heraus ging beobachtete ich die anderen. Einige schienen zu schlafen, andere bewegten unruhig diverse Körperteile, starrten auf ihre Hände oder einfach ins Leere. Was mich plötzlich aufhorchen ließ war das Wort „Chi-su“. Das Wort an sich ist nichts besonderes, es fällt bei jeder Rede, jedem Vortrag, jedem Gespräch hier ein dutzend Mal. Doch sogar an Weihnachten hat die Kyodo Gakusha nichts anderes im Kopf als ihren Käse...! Kein Wunder, dass hier niemand frei hat.
Die Länge der Rede brachte mich in ziemlichen Back-Stress, so das mir noch ganze 10 Min. zum Duschen und Umziehen blieben. Auf dem kurzen Weg von meinem Zimmer bis zum Auto, fror mein noch nasses Haar komplett ein, was mir, zusammen mit dem in aller Hektik aufgetragenen Rouge, das Aussehen ein übergroßen Puppe verlieh.

Glücklicher weise gingen wir in eine japanische Kirche, d.h es war warm. Die Schuhe wurden ausgezogen und auch sonst hatte das ganze etwas unglaublich familiäres. Am Ende des Gottesdienstes, stellte sich jeder kurz vor (ich wurde außerdem unglaublich freundlich dazu gezwungen über das deutsche Weihnachten zu erzählen) und es wurde gemeinsam Tee und Kuchen verspeist. Glücklicherweise war mein Haar wieder aufgetaut und ich fühlte mich nicht mehr ganz so albern bis mich ein kleiner junge fragte wie denn das deutsche Christkind aussieht und das einzige was ich in diesem Moment auf japanisch antworten konnte war, dass es Flügel und Locken hat. Sehr intelligent! Natürlich haben alle gelacht!

Der 25.12.. Den ganzen Tag liefen die Vorbereitungen für die „Ku-li-su-ma-su Pa-ti“ am Abend. Das einzige von dem ich wusste, dass es mich erwartete war leckeres Essen, Sake und ein Programm, woraus auch immer das bestehen mochte. Auch ich wurde gefragt ob ich etwas zum Programm beitragen wolle. Dass der Fragesteller vor mir durch den Raum tanzte und ganz offensichtlich Michael Jackson nacheiferte, schürte in mir sogar etwas Vorfreude auf dieses Programm. Es sah so aus als könnte ich mich amüsieren. Ich überlegte mir jedoch etwas eigennützig mich nicht zum Affen zu machen und da ich wie bereits erwähnt etwas Sorge hatte mich dieses Weihnachten einsam zu fühlen, bastelte ich mir nur ein Schild mir der Aufschrift  "free hugs".
An diesem Abend waren wir erstaunlich viele. Nicht nur die Leute der Kyodo Gakusha sondern auch Leute aus Shintoku. Das Essen war wunderbar und als nach einem bezaubernden „Singbeitrag“ mein Name aufgerufen wurde und ich mich auf japanisch erklärte bevor ich mein Schild umhang wurde mir klar, dass ich mich doch zum Affen machen würde. Ja ich sagte etwas in die Richtung „Heute ist Weihnachten“ (ganz schlau von mir, sollten eigentlich inzwischen alle gerafft haben) „Jesus Geburtstag. Aber warum feiern Menschen überall auf der Welt eigentlich Weihnachten? Ich habe auch Geburtstag!“ (äääh ja) „Ich denke weil Weihnachten mehr als das ist, weil Jesus mehr als ein Mensch ist. Er ist ein Symbol. Das Symbol der Liebe und das ist für mich an Weihnachten das wichtigste.“ (ich sollte Priester werden findet ihr nicht :D) „Und deswegen heute:....“ Ich hielt mein Schild hoch und eine Sekunde wartete ich mit feuerrotem Gesicht und gespannt wie ein Flitzebogen auf die Reaktion der vollkommen still gewordenen Menge. Die Erlösung kam durch Applaus und viele meldeten sich glücklicherweise jetzt schon um umarmt zu werden. Noch Tage später wurde ich auf diesen scheinbar sehr exotischen Beitrag angesprochen. Es scheint ganz so als hätte ich mich damit so richtig als Ausländer geoutet.

Weiter ging es mit einem Pantomime-Ratespiel, Musik und einer Runde Bingo. Es war einfach nur zum Schreien komisch.
Alles in allem muss ich zu geben, dass diese Weihnachten auf der Kyodo Gakusha mit Abstand die lustigsten (an meine Lieben Weihnachts-zusammen-feierer: nicht die schönsten natürlich!) waren die ich je hatte!!!


„Die Hühnchenparty“ oder „Miri wird nach Haus gebracht“

Man sollte meinen, dass ich mich langsam an peinliche Situationen gewöhnt hätte... zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, genau das zu tun was ich nicht machen sollte oder mal einfach gar nicht zu wissen was Sache ist.... ja das alles ist fast schon Alltag geworden. Würde ich jedes Mal peinlich berührt im Boden versinken, wäre ich jetzt wahrscheinlich schon am Erdkern angekommen. Trotzdem gibt es die ein oder andere Situation, in der ich mir einfach nur wünsche mich in meinem Bett verkriechen zu können, die Decke über den Kopf zu ziehen und die Welt um mich herum zu vergessen!
Diesen Wunsch hegte ich ca. seit einer halben Stunde als ich mich dazu entschloss die Hünchenparty zu verlassen.

Am Morgen des 28.12 war geschlachtet worden, was natürlich ein prima Anlass war noch am selben Abend zu feiern. Es waren zwar nur 8 Leute + ich, wobei ich mich wirklich frage was ich als Vegetarier, der wohl am wenigsten mit dem Töten von Hühnern zu tun hatte, dort suchte.... aber als ich eingeladen wurde kam es mir auch unhöflich vor nein zu sagen. Da ich kein Hühnchen esse, hatte ich mich eine Weile mit den Getränken beschäftigt, bis ich fest stellte, dass mich diese nur noch müder machten... Der Sake wurde immer weniger, die Gesichter der Leute immer röter und ihre Unterhaltung immer schneller und lauter. Das alles trug dazu bei das ich nach einiger Zeit wirklich nichts mehr verstand. Auch mit Elisa konnte ich mich nicht mehr unterhalten, da sie mit hoch rotem Kopf in der Ecke neben mir saß und nur noch gigelte... alles schien an mir vorbei zu rauschen, viel zu schnell... und ich saß nur bräsig mitten drin, die deutsche Sprache vermissend und wünschte mir nichts sehnlicher als mich in meinem Bett verkriechen zu können, die Decke über den Kopf zu ziehen und die Welt um mich herum zu vergessen!
Diesen Wunsch hegte ich ca. seit einer halben Stunde als ich mich dazu entschloss die Hünchenparty zu verlassen.
Einige Verbeugungen später stand ich endlich vor der Tür des Wohnhauses in dem die Party statt fand, atmete die frische Luft und genoss die Stille. Die Erleichterung währte ca. 3 Sekunden. Dann lautes Lachen, die Tür flog auf und ein Mann schrie heraus „Miri, Miri!! mate, mate!“ (Miri, Miri! Warte, warte!). Doch bevor ich mir Gedanken machen konnte was ich wohl vergessen haben könnte kam Aoki auf Socken durch den Schnee gelaufen offensichtlich seine Schuhe suchend. Als im klar wurde, dass die wohl kaum draußen stehen würden, rannte er ins Haus zurück. Ich sah ihn durch das 'Fenster im Haus herum eilend, das Lachen drinnen war jetzt unüberhörbar. Als er wieder hinaus kam, trug er Gummistiefel und eine Jacke. Ich muss geguckt haben wie ein Auto jedenfalls erklärte er mir er würde mich nach hause bringen. Ok, das war peinlich. Ich weiß, dass das wirklich freundlich war aber mal ganz abgesehen davon das sich alle anderen unglaublich zu amüsieren schienen, fühlte ich mich auf einmal wie ein Kleinkind, das von ihrem großen Bruder für 10 Min. Fußweg vom Kindergarten abgeholt wird. Auch Aoki schien das bemerkt zu haben, denn nach einer Weile sagte er „Das ist ein bisschen peinlich oder?“. Als ob es nicht genug wäre, dass er die warme Hühnchenparty verlassen musste, begann er jetzt auch noch sich zu entschuldigen, dass nur Japanisch gesprochen wurde und erklärte, dass er sich eigentlich hatte neben mich setzten wollte aber das da kein Platz mehr war (übrigens um mit mir Japanisch zu sprechen). Jetzt hatte ich wirklich ein schlechtes Gewissen. Ich versuchte zu erklären, dass er sich keine Sorgen machen müsse, ich sei ja in Japan und das ich nicht erwarten würde mit den Leuten hier Deutsch sprechen zu können und das er sich wirklich nicht so verantwortlich für mich fühlen müsse. Was ich im Endeffekt gesagt habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht... jedenfalls bezweifle ich das er mich verstanden hat. Irgendwie lachte er nur und als wir schließlich das Haus erreichten in dem ich wohne wurde die Situation nur noch peinlicher... Nach drei Monaten in Japan sollte ich mich auch an japanische Sitten gewöhnt haben... aber ehrlich gesagt komme ich mir noch immer manchmal bescheuert dabei vor... wir verbeugten uns ein dutzend mal und sagten beide viel zu oft „Danke“ und „Entschuldigung“... Aoki schien nicht zu bemerken das er direkt vor dem Eingang stand und mir den Weg hinein versperrte. Innerlich wägte ich ab was zu tun sei... Wenn ich höflich weiter warten würde dass er zur Seite geht, würden wir uns vielleicht noch 2 Stunden verbeugen... oder ich könnte so dreist sein und mich irgendwie an ihm vorbei quetschen, womit ich meinem Ziel, mich unter meiner Decke zu verstecken eindeutig näher kommen würde. Ich entschied mich für letzteres. Noch während ich mir die Zähne putzte kehrten auch die anderen zurück, sich noch immer amüsierend, dass ich nach hause gebracht wurde...
Peinlich!!!!!


Neujahr

Wenn ich dachte wir hatten für Weihnachten eine Menge vorbereitet.... Neujahr toppte jedenfalls Alles! Schon Tage Vorher (eigentlich direkt nach Weihnachten) wurde geputzt, geschmückt und gekocht für den 01.01.2013. Sauber ins neue Jahr und Essen für eine Woche, sodass in dieser Ferienzeit auch wirklich kaum etwas getan werden müsse (und das in Japan!). Die meisten Leute der Kyodo Gakush fuhren glücklicherweise zu ihren Familien, so waren es täglich nur knappe 20 Leute für die wir zumindest das Frühstück vorbereiteten. Mittagessen fiel aus und zum Abendessen musste sich dann doch stets jemand aufraffen.
So machten wir beispielsweise Mochi, japanischen Reiskuchen. Hierfür wurden Unmengen Reis gewaschen, gekocht und anschließend mit einem Hammer, so groß wie ich bei meiner Einschulung, zu Brei geschlagen. Daran beteiligte sich jeder. Die Regel ist: Jeder schlägt sein Alter! Mit meinen jungen 19 Jahren hatte ich also noch Einmal Glück!

Am Silvester Morgen hatte ich frei, doch mein geplanter Spaziergang endete abrupt vor dem hüfthohen Tiefschnee. Etwas verloren machte ich mich auf den Weg zu den Kühen. Ich hatte eigentlich jemanden bitten wollen mit mir zu kommen, doch nirgends war jemand zu sehen, alles war still, friedlich, verschneit. Diesen Morgen des letzten Tages, des für mich so spannenden, erfolgreichen Jahres 2012 verbrachte ich auf einem Bauernhof, allein bei den Kühen. Ich blickte zum ersten Mal in meinem Leben ernsthaft zurück auf ein ganzes Jahr. Die Folge war ein überraschendes Glücksgefühl. Ich verspürte eine jähe Dankbarkeit für das Gewesene und Vorfreude auf das Kommende!

Einige Stunden später, nachdem traditionell aus Soba bestehenden Abendessen (die langen Sobanudeln stehen für ein langes Leben und werden daher jedes Jahr am Abend vor Neujahr verspeiset), lief ich hinunter zum Cafe, diesmal mit Begleitung, um darauf zu warten, dass es 24 Uhr werden würde. Dieses, mit der Bezeichnung Countdown Party wohl nicht ganz getroffene Warten taten wir an einem Tisch voller Essen und Trinken. Unser Countdown verlief etwas Chaotisch da alle Uhren anders gingen und um 24 Uhr war nicht ein einziges Feuerwerk am Himmel zu sehen. Tatsächlich schaffte ich es aber irgendwie lange genug wach zu bleiben um Neujahr fast zu verschlafen wenn da nicht Maja gewesen wäre....

Tock, Tock, Tock...“Miri, Miri! Kimasenka?“ Der Neujahrsmorgen, ein Alkoholisches Frühstück. Schon Monate vorher hatte Maja mir davon erzählt und nun schien sie es als persönliche Beleidigung zu empfinden, dass ich dieses Ereignis einfach verschlief. Die morgentliche Feier war schon fast vorbei als ich es endlich vom Futon bis in die Küche schaffte. Ich war nicht die einzige der es so ging, aber ich war die einzige die keinen Sake trank.

Nach dem Frühstück liefen wir durch den eisigen Wind zum Shrine um die Götter zu bitten uns auch im Jahr 2013 zur Seite zu stehen. Vielleicht aufgrund meiner Ansicht, dass Geld und Religion möglichst wenig miteinander zu tun haben sollten, hatte ich mein Portmonai zuhause gelassen. Ein Fehler! Nicht nur die am Shrine verkauften Talismane, nein, auch das Beten kostet. Da ich nicht selber bezahlte und meine Bitten dann auch noch auf Deutsch äußerte, bin ich mir ehrlich gesagt nicht so sicher ob ich erhört werde.


Kulturschock für die Japaner...

Miri ist in Japan, und so mussten die immer lächelnden Japaner erfahren, dass es Länder gibt, in denen man nicht nur seine Wut, sondern auch seinen Körper zeigt. Das in Deutschland Männer und Frauen zusammen nackt in die Sauna gehen wurde hier doch tatsächlich für einen Scherz gehalten. Nachdem ich deutlich gemacht hatte, dass dies durchaus der Wahrheit entspricht waren beide Seiten geschockt. Die Japaner und ich. Die Japaner, weil etwas so freizügiges wie Sauna und FKK nur in einigen nicht jugendfreien Filmen existiert und ich... aus genau dem selben Grund!


Gerupft wie gesprungen

Zum zweiten Mal wurde in diesem Winter, am 15.01, geschlachtet. Ich wusste vorher schon warum ich Vegetarisch lebe... Jetzt weiß ich es erst recht. Dieses ganze Schlamassel ist mir entschieden zu aufwendig, zu dreckig und zu stinkig!
Ich habe mich aus freien Stücken entschieden zu helfen und aus freien Stücken werde ich es nie wieder tun. Aber falls das hier Jemand ließt der sich über Vegetarier lustig macht, bitteschön! Wenn Du schon ein Huhn getötet, gerupft und ihm die Beine abgehackt hast diskutiere ich gerne mit Dir. Ansonsten: halt einfach die Klappe!


20. Jahre Miri

Ich bin nun auch in japan offiziell erwachsen, was wirklich nichts daran geändert hat, dass ich mich weiter wie ein Kind fühle. Meinen 20. Geburtstag verbrachte ich auf einer anderen Kyodo Gakusha in Neiraku wo ich Salami hergestellt habe- noch immer vegetarisch lebend. Der Schnee dort hatte die 2m grenze überschritten weshalb ich mir eine Menge Gedanken machte wie die Leute in ihre Häuser kommen. Auf der Geurtstagsparty am Abend wurde ein deutsches Mädchen in kurzen Hosen, Socken bis über die Knie und einem mal so garnicht dazu passenden Pulli gefeiert, die nun zum ersten mal in Japan legalerweise Nihonshu trank. alles in allem also nichts besonderes bzw. kommt es hierbei vielleicht auf die Perspektive an! 


Aktueller Stand:

Es ist Sonntagmittag in Japan. Gestern Nacht hat die Erde so stark gebebt, dass sogar die Japaner in Panik gerieten. Doch bis auf einige Sachschäden ist niemandem etwas passiert!
Ich freue mich auf die nächste Woche in der ich mir vom 06.02- 08.02 eine Auszeit gönne um das Schneefest in Sapporo mit einigen anderen Freiwilligen anzuschauen.

Es bleibt spannend...

Sonntag, 30. Dezember 2012

Ein Traum und das Leben geht weiter...

Ein Traum...


Am Shrine von Sapporo...


Nostalgie in Sapporo

So isst Japan


Ein bisschen Schnee von Otaru

Mein erstes Mal- Wintersport




Asahikawa-koen




Sushi und Natto







Im Akan Nationalpark

...und das Leben geht weiter...



Dezenter Schnee in Shintoku


Ein Bonenkai mit Leuten aus Shintoku und Sam





Sonntag, 23. Dezember 2012

Ein Traum und das Leben geht weiter...

 Ein Traum...

Am Morgen des 24.11 konnte ich es noch immer nicht glauben: Mir standen zwei Wochen Urlaub bevor, und das zusammen mit einer meiner deutsch sprechenden Lieblingspersonen!
Nach einer Stunde Bohnensortieren packte ich meinen Koffer und um 9 Uhr raste ein Auto der Kyodo Gakusha viel zu schnell Richtung Shimizu.

Ich kenne mich gut und rechnete deswegen mit Komplikationen, ich hatte sogar versucht sie vorzubeugen indem ich Qi lange erklärte wo wir uns treffen würden und, dass falls wir uns in dem 10 Quadratmeter großen Busbahnhof von Sapporo nicht finden könnten, wir zum Eingang des einzigen kleinen Ladens im Bahnhof gehen sollten. Des Weiteren hielt ich mir die Option offen, dass ich eventuell später kommen würde, da mir die Angabe von 2 Stunden Busfahrt doch ziemlich kurz vorkam. War sie auch, aber damit nicht genug: Der Bus von Shimizu nach Sapporo kam nicht dort an wo ich ein paar Wochen zuvor, auf dem Rückweg meines Wochenendausfluges, eingestiegen bin.... sondern ungefähr 15 Min. Fußweg davon entfernt! Das heißt wenn man den Fußweg kennt. Falls ich ihn mir je gemerkt hatte (und hier sind ernsthafte Zweifel angebracht), musste ich ihn wohl vergessen haben. Da es ohnehin schon eine Stunde später war als eigentlich verabredet überwältigte mich ein Gefühl von Stress! Telefonlos, der japanischen Sprache nur begrenzt mächtig und vollkommen planlos begann ich zu fragen und zu rennen! Da Stress ein sehr unangenehmes Gefühl ist versuchte ich dabei auch noch mich nicht zu stressen... Ich hatte wirklich Glück, dass meine Verabredung, auch nachdem man ihr erzählt hatte, dass hier aus Shimizu kein Bus ankommen würde, noch auf mich wartete (an dieser Stelle: Danke!).

Und dann... im Nachhinein kann ich sagen, dass mich die plötzliche Nähe zu einer Person so ziemlich überforderte. Hinzu kommt die Erwartung dort anzufangen wo man aufgehört hat aber...Während ich versuchte mich irgendwie wieder zu finden, nicht wirklich verstand was eigentlich mit mir los war, ging ich mir irgendwann selber auf die Nerven. Ich möchte eigentlich nicht wissen was es für mein Gegenüber bedeutet wenn ich mich schon selber anstrengend finde, Qi war so nett es mir des öfteren zu sagen.
Alles in allem hatte ich jedoch wundervolle 16 Tage und wie das nun mal unfairer weise ist, läuft solch eine Zeit viel zu schnell.

Nach Sapporo ging es weiter nach Otaru, Asahikawa, Kushiro und nach einem Tagesausflug in den Akan Nationalpark verbrachten wir das letzte Wochenende in Obihiro.

...und das Leben geht weiter...
In Shintoku ist es endgültig vorbei mit der Feldarbeit. Einzig und allein das Schneeschüppen wird von uns Gemüseleuten noch draußen verrichtet und das auch nur weil es drinnen nun mal nicht schneit. „Samui“ (kalt) steht nun ganz oben in der Top 10 der meist gebrauchten Wörter. Bei -13°C hat es doch tatsächlich sogar „arigato“ (danke) und „gomenasai“ (entschuldigung) eingeholt. In meiner persönlichen Liste der meist geliebten Ausdrücke ist „Mameno senbezuwa dai kirai“ ungeschlagen (ich hasse Bohnensortieren).

In letzter Zeit ist auf der Farm ordentlich was los. Neben besagtem Bohnen sortieren, Handarbeiten, Schneeschüppen und meiner Arbeit in der Käse Fabrik folgt ein „Bonenkai“ auf den nächsten. Wörtlich übersetzt bedeutet „Bohnenkai“ Vergessen des alten Jahres und es scheint ganz so als wollte man tatsächlich, durch den Konsum von Unmengen an Alkohol, sein Langzeitgedächtnis auf die Dauer schädigen. Vielleicht ist die Erfindung dieser Partys aber auch darauf zurück zu führen, dass Silvester und Neujahr in Japan normalerweise ruhig, besinnlich und mit der Familie verbracht werden, in etwa wie Weihnachten in Deutschland. Weihnachten dagegen wird, wenn überhaupt, mit dem Partner gefeiert. Nun ja, da Japaner aber gerne trinken und essen und dann auch gerne laut und gar nicht mehr so zurückhaltend und anständig sind wie sie auf den ersten Blick scheinen, gibt es eben den „Bonenkai“. Ich jedenfalls finde diese Erfindung klasse!
Dann gab es da auch noch die Abschiedsparty meiner amerikanischen Zimmergenossin und es folgen Weihnachten und Neujahr.
Trotz der Tatsche, dass ich nun, von allen englischsprachigen Geistern verlassen, auf der Kyodo Gakusha lebe, fühle ich mich erstaunlicher Weise mehr zuhause als je zuvor. Eine innere Ruhe hat von mir Besitz ergriffen, die mich schon fast beängstigt. Falls ich dergleichen mit nach Deutschland nehmen sollte würde ich höchstwahrscheinlich in jedem normalen Betrieb nach kürzester Zeit gekündigt werden. Mehr und mehr wird mir deutlich wie gerne ich einige Menschen hier habe, auch wenn ich mich noch immer manchmal dabei ertappe wie ich schnell die Flucht ergreife wenn ich den ein oder anderen treffe. Nicht weil ich denjenigen nicht mögen würde, nein, aber es gibt Zeiten in denen ich zu erschöpft bin um mir ein Schlamassel durch mangelnde japanisch Kenntnisse anzutun.

Aktueller Stand:
Es ist Sonntag, der 23.12.2012. Die Welt ist noch nicht untergegangen und morgen wird in Deutschland wohl Weihnachten gefeiert. In Shintoku dagegen sitzt eine Deutsche auf einer Couch, nur ein paar Meter entfernt von dem Zimmer in dem sie schläft, sie hat Internetzugriff!!! Sie hat ca. 5 Sekunden überlegt ob sie es riskieren soll sich aufs Snowboard zu stellen, einen Tag vor Heilig Abend, an dem sie mit einigen Japanern in eine christliche Kirche gehen möchte, zwei Tage vor dem ersten Weihnachtstag an dem es eine „Sake“ lastige Weihnachtsfeier geben soll, und sich für ja entschieden. Das macht das sitzen etwas unangenehm (in Shintoku wird der Schnee so hart gepresst, dass es sich wahrscheinlich lohnen würde sich ein Kissen in die Hose zu nähen) aber an ihrer neuen Liebe zum Wintersport hat das nichts geändert. Nach einer darauf folgenden dreistündigen Konversation auf japanisch ist ihr freier Tag so gut wie unfrei und vorbei und vielleicht einer der lustigsten Vorweihnachtstage ihres Lebens.

Es bleibt spannend...